Montag, 31. Mai 2010

Schokoladen-Granità nach Jeffrey Steingarten

Die Bücher „Der Mann, der alles isst“ und „Der Mann, der alles isst. Zweiter Gang“ trösteten mich ein paar Tage lang darüber hinweg, dass ich beinahe täglich zwischen 2 und 6 Stunden in Bus und Bahn verbringe. Manche mögen den HVV für schnell und effizient halten. Wer aber wie ich im Westen und auf dem Acker wohnt, also von Bus 1 und S1 abhängig ist, weiß, das Fahrpläne Makulatur sind. Laut HVV brauche ich exakt 90 Minuten für den Weg vom Acker zum Papiergebirge und wieder zurück. Das klappt auch – wenn ich mit dem Auto fahre, was ich so gut wie nie mache. So frage ich mich jeden Tag aufs Neue, ob Bus und Bahn auch fahren – und wenn ja, wann. Pünktlich jedenfalls selten. Zum Glück habe ich aus meiner Wüstenzeit orientalische Gelassenheit bewahrt - und gehe nie ohne Buch aus dem Haus.

Jeffrey Steingartens Bücher waren dann ein Zufallsfund in der Bücherhallen-Kochbuchabteilung – und was für einer! Steingarten schreibt spritzig und temporeich, mit einer Liebe zum Lebensmittel, zum Kochen und zum Essen und mit viel Humor, dass meine HVV-Mitfahrer oftmals erstaunt blickten, wenn ich seufzte oder laut lachte, weil Steingarten das in Worte packte, was ich auch manchmal denke. Die Bücher kamen sofort auf meine Wunschliste (der erste Band ist leider vergriffen). Okay, manchmal ist Steingarten sehr extrem, sind seine Rezepte für schlichte Hobbyköche wie mich kaum nachkochbar. Der Gatte würde sich zudem bedanken, wenn ich mit Wiener Pferdefett für die perfekten Pommes experimentierte, Seeigel in Tempura servierte oder ein Huhn in eine Ente stopfte, um beides dann tagelang in einem Truthahn zu braten …

Aber einige Rezepte schafft selbst eine grundsätzlich chaotische Köchin wie ich – Granite beispielsweise. Zum 3. Hamburg kocht!-Treffen machte ich drei, die ich peu à peu bloggen werde: Schokolade, Espresso und Maulbeere.

Fangen wir mal mit dem Meistgewünschten an: der Schokoladen-Granità – oder wie wir in Hamburg sagen: Kaukau-Granità. Der Geschmack ist unglaublich schokoladig (nee, kaukauig ;o)), und wir mussten aufpassen, das vor lauter Probieren noch was für’s Dessert übrig blieb. Natürlich hängt der Geschmack maßgeblich vom verwendeten Kakao ab – ich schwöre auf Bensdorp.

Schokoladen-Granità nach Jeffrey Steingarten
Zutaten für 6 bis 8 Portionen:

5 gehäufte EL Kakaopulver
300 ml Wasser
4 – 6 EL brauner Zucker (Steingarten nimmt extrafeinen Kristallzucker, aber ich mag den nicht sonderlich)
1 guter Schuss Vollmilch

Zubereitung:

Das Wasser zum Kochen bringen und das Kakaopulver einrühren. Temperatur reduzieren und sorgfältig rühren, rühren, rühren ... damit sich alle Klümpchen auflösen und nichts ansetzt. Etwa 5 Minuten köcheln lassen, dann sorgfältig den Zucker einrühren, bis er sich ganz aufgelöst hat. Schließlich die Milch hinzugeben und ebenfalls sorgfältig einrühren.
Die Masse in eine flache Form oder eine Edelstahlschüssel füllen und in den Tiefkühler stellen – eine flache Form ist besser geeignet, weil die Masse dann gleichmäßiger gefriert und besser gekratzt werden kann. In einer Edelstahlschüssel gefriert die Granità aber schneller.
Die Masse nach etwa 30 Minuten mit einer Gabel umrühren, dabei Gefrorenes, das sich an Boden und Wänden bildete, abschaben. Danach für die nächsten 2 bis 3 Stunden alle 10 bis 30 Minuten rühren und schaben. Die Masse sollte nicht zu einem kompakten Block gefrieren, sondern eine dicke, zähe Kristallmasse bleiben – je nach Tiefkühler erfordert das ein bisschen Fingerspitzengefühl. Wie man sieht, habe ich mein Eisfach noch nicht so ganz im Griff ;o)
Hat die Masse die gewünschte Konsistenz erreicht, wird sie geschabt und portionsweise in kleine Gläser gegeben. Nach Gusto kann die Masse vor dem Gefrieren auch aromatisiert werden: Mit Zimt, Vanille, geriebener Orangenschale, ein paar Tropfen destilliertem Jasmin, Chili …

Sonntag, 30. Mai 2010

3. Hamburg kocht!-Treffen am 29.05.10 - die Nachlese

Am Tag, als in Hamburg in diesem Jahr Sommer war, trafen wir uns zu einem italienischen Kochtag im Loft in Winterhude. Ein bisschen getrübt wurde der Tag anfänglich durch sehr kurzfristige Absagen bzw. schlichtes Nichterscheinen. Das ist ärgerlich, da Steph schon ein paar Tage vorher einkauft bzw. die Lebensmittel bestellt und nicht mal eben fünf Minuten vor Beginn das Pizzataxi anruft ... Und die Kosten für die Mietküche schütteln weder Steph noch ich aus dem Handgelenk ... So wurde das Treffen für die Anwesenden dann unerwartet teuer.

Aber davon ließen wir uns die Laune nicht lange trüben, und am Schluss war klar, dass wir uns im November wieder treffen werden. Thema dann: Asia go around - Sushi und so.

Dazu zur gegebenen Zeit mehr - heute geht's erst mal nach Italien. Mit dem zauberhafen Innenhof war das Loft ideal für unser Thema, denn das Ambiente war sehr mediterran. Erst zum Dessert und zum Grand-Prix-Gucken zogen wir nach Drinnen um.

Neben Gesprächen und Grand-Prix-Gucken gab's gelegentlich auch was zu essen: Antipasti-Variationen wie gebratener karamellisierter Grüner Spargel von Rebecca Lecka,
eingelegte Paprika; eingelegte Champignons, Kapernbutter, Grissini (neben hellen auch schwarze mit Sepiatinte und Sesam, und sehr aromatische mit Fenchelsaat), Tomaten-Waldmeister-Bruschetta von Kochessenz, die es nicht mehr vor meine Kamera schafften, undundund - ich habe bestimmt einige Köstlichkeiten vergessen.

Nicht nur wir wurden genudelt, Steph zeigte uns auch, wie sie Nudeln macht. Es gab Pici mit Panko-Butterschmalz-Sauce ...
... und Nudeln mit Dill und Salbei an Radieschenpesto, Steinpilzpesto und Zitronenthymianpesto
Zwischendrin gab's zur Stärkung dann Werder-Schnittchen mit Gundermann, Giersch, Gänseblümchen und Spargel, die korrekterweise Spargel-Broccoli-Bruschetta heißen.

Zur Erfischung servierte ORsi einen sensationellen Erdbeer-Gurken-Salat,
gefolgt von Maronen-Ravioli mit Ricotta-Zitronen-Salbei-Spargel-Brokkoli-Füllung, dazu Butter mit gebratenem Salbei und Parmesan.


Schließlich war das Osso bucco mit Gremolata und gebratenen Polenta-Schnitten fertig.
Eigentlich sollte es als Zwischengang ein Tomatensorbet mit Basilikum-Mascarpone-Sauce geben, aber wir hatten Probleme mit der Kühlung, und so wurde aus dem Zwischengang ein Vordessert - mit etwas Zucker in der Sauce geht das Sorbet glatt als Dessert durch, und die Konsistenz ist so luftig leicht, das es fast vom Teller schwebt. So was setzt sich bestimmt nicht auf den Hüften fest ;o)
Zum eigentlichen Dessert gab's Panna Cotta mit dreierlei Granite von Espresso, Maulbeere und Schokolade. Auf die ursprünglich geplante Käseplatte haben wir verzichtet - warum eigentlich?!
Hier gibt es noch weitere Fotos.

Hier die Berichte von Kochessenz, den Küchengeistern, Rebecca lecka, Küchenlatein, ORsi und im kuriosen Lädchen. Falls noch jemand bloggt, bitte kurz melden, dann verlinke ich hier.

Donnerstag, 20. Mai 2010

Tørrede dabs in Hvide Sande

Seit Jahren kommen wir in Hvide Sande an Blechschildern mit der Aufschrift "Tørret dabs Kr. himmelfartsdag gratis" vorbei - es dauerte, bis ich in dem Abgebildeten keine Fledermäuse, sondern was Fischiges erkannte ... Noch länger dauerte es, bis wir es denn endlich mal schafften, an Himmelfahrt tatsächlich in Hvide Sande zu sein. Dieses Jahr war es so weit. Was genau nun tørret dabs ist, wusste ich immer noch nicht. "Fisch" und "vermutlich essbar" reichte, um meine Neugierde zu wecken, und der Gatte kam nach dem Frühstück gequälten Blickes mit - Fisch schmeckt ihm selten, schon gar nicht, wenn er nicht weiß, was ihn erwartet ...

Schnell wurde deutlich: Trotz der Schilder ist es eher eine Insiderveranstaltung, denn Angaben über Zeit und Ort fehlten. Ratlos standen wir auf dem Parkplatz am Hafen. Wohin nun? Zum Fischladen, also zur Hvide Sande Røgeri? Zum Aquarium? Oder doch in die Fußgängerzone?
Letzteres war die richtige Entscheidung.

Vor der Vestjysk Bank standen Wäscheständer mit aufgehängten Plattfischen. Männer saßen auf Bänken und bereiteten die Fische vor, während Frauen sie grillten und kostenlos verteilten. Daneben war ein Bierstand, ein kleine Kapelle spielte dänische Volkslieder, und an Tischen und Bänken konnte man sich zum Schmausen niederlassen.


Für die wenigen Deutschen, die sich hierher verirrten, gab's einen Aufsteller mit Infos. Aber es blieb kaum jemand von den deutschen Touristen stehen, um zu erfahren, dass tørrede dabs oder bakskuld getrocknete Kliesche ist, ein Plattfisch, der hauptsächlich in der südlichen Nordsee vorkommt. Und noch weniger reihten sich in die Schlangen vor den Grills ein, um die Klieschen zu probieren. Schade, sie haben was verpasst. Hvide Sande bewirbt die getrocknete Kliesche auch als "lokales Sushi", was meiner Meinung nach nicht nur eine blödsinnige Idee ist, sondern auch falsche Erwartungen schafft. Na ja, Werber halt ...

Seit der Wikingerzeit, und sicher auch schon davor, wird die Kliesche gesalzen, an der Zimmerdecke oder an der Innenseite des Kamins sorgfältig getrocknet und schließlich geräuchert. Vor dem Verzehr werden die Fische enthäutet, dann gekocht, gegrillt, in der Pfanne gebraten oder in Zeitungspapier gehüllt in der Kaminglut gegart. In einigen Gegenden galt die Kliesche als "Schwein des armen Mannes" und kam in mageren Zeiten bis zu drei Mal täglich auf den Tisch, oft zusammen mit Queller, dem "Spargel des armen Mannes". Gefangen wurden die Klieschen an Leinen, an denen jeweils bis zu 400 Angelhaken befestigt waren.

Inzwischen hat sich das Konservierungsverfahren beschleunigt: Räuchereien wie die Hvide Sande Røgeri, wo wir während unserer Aufenthalte auf dem Klit auch gerne Fisch kaufen, nehmen die Klieschen direkt nach dem Fang aus, salzen sie und unterziehen sie einer Schnelltrocknung. Dadurch ist weniger Salz notwendig als früher, aber die Klieschen sind auch nicht so haltbar, müssen tiefgefroren werden.
Da ich der Ansicht bin, dass man alles essen kann, zumindest einmal, reihte ich mich mutig in der Schlange bei den drei dänischen Damen vom Grill ein. Der Gatte hielt sicheren Abstand, das Ganze war ihm insgesamt zu fischig. Ich nahm ein Stück Küchenkrepp in Empfang, dann einen heißen Plattfisch, und als meine Grilldame merkte, dass ich keine Dänin bin, bekam ich auch noch ein deutschsprachiges Infoblatt samt Messer - die sind anscheinend den Touristen vorbehalten, der Däne an sich isst seine Kliesche wohl so, knabbert sie wie Chips.

Tja, da stand ich nun mit meinem Plattfisch auf der Hand - das heißt, ich fand mich bald an einem Tisch mit lauter schmausenden, trinkenden und singenden Dänen wieder. Zwei Frauen hatten schon einen ganzen Berg Plattfischgräten vor sich aufgetürmt. Die Dänen amüsierten sich über meinen skeptischen Blick und meinten hilfreich: "Du musst was dazu trinken!" Hm, das wollen wir doch erst mal sehen ... Okay, ein Bissen, ein Wedeln mit dem Portemonnaie in Richtung Bierstand, und der Gatte spurtete los. Er kam mit Bier und Cola zurück und guckte entgeistert, als ich ihm das Bier aus der Hand riß - ich trinke so gut wie nie Bier. Die Dänen hatten sichtlich Spaß an uns.

Inzwischen weiß ich: Tørrede dabs liebt man oder hasst man. Ich mag sie. Wenn wir wieder mal über Himmelfahrt auf dem Klit sind, bin ich bestimmt wieder dabei. Dann weiß ich auch, dass es ungünstig ist, vorher zu frühstücken, sondern dass der ideale Start in den Tag ein Bissen dabs und ein Schluck Bier im Wechsel ist. Und dass ich als Nachtisch besser kein Softice essen sollte ...

Das Plattfischschmausen, organisiert vom Hafenverband, findet jedes Jahr an Himmelfahrt ab 11 Uhr auf dem Platz vor der Vestjysk Bank in der Bredgade statt - bis 14 Uhr bzw. solange der Vorrat reicht. Die Fische werden kostenlos abgegeben, Bier und Brause gibt es zu für dänische Verhältnisse moderaten Preisen am Büdchen zu kaufen. Das Restaurant der Røgeri bietet an dem Tag zudem auch tørrede dabs an, in diesem Jahr die gekochte Variante mit Kartoffeln und Schnittlauchsauce für 95 Kronen.
Mehr Tipps für die Gegend rund um den Ringkøbing Fjord gibt es hier.

Freitag, 7. Mai 2010

Ferienhausküche: Erdbeer-Ricotta-Herz

Normalerweise machen wir im Dänemark-Urlaub wenig Aufstand ums Kochen. Diesmal ist es anders, denn Schwiegermutter feierte ihren 75., und da sollte ordentlich getafelt werden. Zu einem ordentlichen Geburtstagstisch am Morgen gehört auch eine Torte.

Da ich wusste, dass der Backofen am Vor-Geburtstags-Tag mit einem NT-Roastbeef besetzt sein würde, suchte ich nach einer Torte, die nicht gebacken werden muss und für die wir nicht extra einkaufen müssen. Bis auf die Erdbeeren hatten wir dann auch alles zu Hause, und dänische Erdbeeren gibt es Anfang Mai doch schon in jedem Supermarkt. Dachte ich. War bisher immer so.

Diesmal fehlten die dänischen Erdbeeren. Im dritten Anlauf fanden wir bei Aldi spanische – ich dachte schon, Erdbeermarmelade und Erdbeersaft, die sicherheitshalber in die Kochkiste wanderten, kämen zum Zuge.

Erdbeer-Ricotta-Herz
Zutaten für eine Herzform (etwas kleiner als eine 26er Springform):

100 g zerlassene Butter
180 g Löffelbiskuits
8 Blatt Gelatine
250 g Ricotta
4 EL Zucker
1 EL Vanillezucker
1 Vanillestange (das Mark davon)
2 EL Zitronensaft
400 ml Sahne
500 g Erdbeeren
2 EL Erdbeermarmelade

Zubereitung:
Die Löffelbiskuits in einem Gefrierbeutel mit einem Nudelholz zerdrücken (im Ferienhaus tun’s auch ein sauberer Müllbeutel und eine Flasche). Die Krümel mit der zerlassenen Butter vermengen. Herzform mit Backpapier auslegen und die Bröselmischung in die Form drücken. Kalt stellen.
Ricotta mit Zucker, Vanillezucker, Vanillemark und Zitronensaft verrühren. Sahne steif schlagen und unter die Ricottamischung ziehen.

Erdbeeren putzen. Die Hälfte in kleine Stückchen schneiden, die andere Hälfte in feine Scheiben schneiden und beiseite stellen.
Gelatine in kaltem Wasser einweichen, ausdrücken und bei leichter Hitze auflösen. Ein paar Löffel der Ricottamischung unter die Gelatine rühren zum Temperaturausgleich, dann die Gelatine unter die Ricottamischung ziehen und die Erdbeerstücke darunter heben.
Die Erdbeermarmelade auf dem Tortenboden verteilen, dann die Ricottacreme darüber geben. Die Torte mindestens 6 Stunden im Kühlschrank kalt stellen. Dann aus der Form nehmen, Backpapier bis zum Boden abschneiden, die Erdbeerscheiben auf der Torte verteilen und servieren.